Mittwoch, 31. August 2016

Gelegentlich kotzt die Feministin in mir ....


Irgendwann mal wollte ich Architektur studieren und schicke Häuser bauen...die Ausbildung zum Bauzeichner habe ich gemacht... als ich dann fertig war, wollte ich Studieren, aber Architektur oder Bauingenieurwesen  konnte man nur zum Wintersemester anfangen...aber ich wollte ja weg aus meinem kleinen Nest in Westfalen, also habe ich mich für Kunstgeschichte eingeschrieben. Nach 3 Semestern war klar, das ist alles super interessant, aber das jeden Tag machen und davon leben können sind zwei Dinge die ich mir nicht vorstellen konnte. Denn z.B. die Kunstsammlung NRW bietet pro Jahr eine (!) Praktikantenstelle an... darauf bewerben sich dann Hunderte... und im Heimatmuseum in meinem kleinen Nest wollte ich nicht arbeiten... da war ich ja grade erst weg.

Nach ein paar kleinen Episoden mit einer Zeitarbeitsfirma wurde ich an meinen jetztigen Arbeitgeber ausgeliehen...Fragt mich nicht warum, aber schon nach kurzer Zeit wollte ich da bleiben. Das Arbeitsklima stimmte, die Leute waren nett... der Standort war nicht so klein und die Firma im Ganzen sehr groß.

Mit den Jahren habe ich mich in meinem Job gefestigt und wurde eine Art Expertin auf meinem Gebiet.

Meine Zuständigkeiten wuchsen. Dann wurde ich schwanger und ich bekam Angst. Mein Posten wurde vorübergehend mit einem Mann besetzt, der dadurch die Karriereleiter erklom. Sein Gehalt wurde angepasst, da er jetzt ja international zuständig war.

Nach 7 Monaten bin ich wieder eingestiegen mit 2 Tagen im Büro und einem garantierten Homeoffice Tag.

Gehaltserhöhung ... solange Du in Teilzeit arbeitest, kann man da nicht viel machen. Im Ganzen kann ich mich nicht beklagen über mein Gehalt, aber die Feministin in mir kotzte, denn mein Vertreter hatte ein Gehaltserhöhung bekommen, weil er meinen Job übernommen hatte.

Nach einigen Monaten brach sich meine Schwiegermutter das Bein und da sie an den zwei Tagen die Betreuung übernommen hatte, hatte ich wieder Angst.
Fast zeitgleich las ich über eine neue Elterninitiative in Duisburg und konnte mich schnell dort einbringen und bekam einen Platz.

Um das zu finanzieren schraubte ich meine Stunden auf die max. erlaubten 30 Stunden in der Elternzeit hoch.

Ich ging wieder 5 Tage die Woche arbeiten. Mein Mann übernahm das Fertigmachen und Wegbringen morgens und ich war in aller Herrgottsfrühe im Büro. Ließ dann aber um 13:30 den Stift fallen und hechete nach hause.

Jeden Mittag hörte ich mir dann auf dem Weg nach draußen dumme Sprüche an ...

"Na einen halben Tag Urlaub?"
"So gut wie Du möchte ich es auch mal haben"

Die Feministin in mir kotzte.

Gelegentlich platzte mir auch mal der Kragen und diese netten Herren durften sich einiges anhören, aber die meiste Zeit... hatte ich es viel zu eilig, damit ich nicht zu spät kam.

Als dann die Kleine kam, war ich etwas entspannter was meinen weiteren Weg anging. Ich hatte ein gutes Verhältnis zu meinem damaligen Chef und als ich bereit war wieder 2 Tage die Woche im Büro und einem Homeofficetag zu arbeiten, brauchte ich nur Pieps sagen und alles lief.

Die Tagesmutter freute sich... endlich mal wieder ein "Baby". Alle anderen Mütter blieben bis zum ersten Lebenjahr ganz zuhause und die Tagesmutter bekam dann die Kinder die fremdelten und eine lange Eingewöhnungszeit hatten... meine kannte und liebte die Tagesmutter schon als sie in das Fremdelalter kam...

Aber die männlichen Kollegen hatten ihre dummen Sprüche nicht verlernt... auch wenn ich jetzt die Kinder morgens fertigmachen und wegbringen musste, fiel wieder mein Stift, zwar erst um 14.30h aber die Sprüche blieben die Gleichen.

Ich habe mich arrangiert mit der Rolle der berufstätigen Mutter. Mein Aufgabenbereich wuchs weiter und komischerweise schaffte ich es weiterhin alles unter einen Hut zu bringen...

Wir haben Gleitzeit ohne Kernarbeitszeit, Homeoffice ist nicht bei allen Vorgesetzten gern gesehen, aber die Betriebsvereinbarung sieht es vor. Ich nutze es regelmäßig, da auch meine Kinder gelegentlich krank werden oder Termine nicht immer in den Abend gelegt werden können.

Es gibt noch immer die Kollegen vom alten Schlag, an denen die Emanzipation vorbei gegangen ist

Für mich habe ich auf jeden Fall gelernt, die Emanzipation ist noch lange nicht so weit wie sie sein könnte.

Frauen wie Männer haben oft in den Köpfen noch das alte Rollenbild eingebrannt. Die Frau bleibt zuhause wenn die Kinder klein sind und geht dann Teilzeit arbeiten. Für einige Frauen ist das mit Sicherheit auch genau die richtige Lösung. Mich ärgert es aber ungemein, das einige dieser Frauen, mir dann vorwerfen ich wäre eine Rabenmutter, weil sie opfern sich für ihre Kinder auf.

Aber wollen Kinder hören, daß ihre Mütter sich aufopfern? Ich glaube nicht. Kinder wollen Mütter die zufrieden sind. Weil eine glückliche Mutter ist eine gute Mutter .... oder so ähnlich.

Also bin ich weiterhin die arbeitende Mutter die zwischen allem hin und her hetzt, Schule, Job, Haushalt und halt auch ein paar Freizeitaktivitäten.

Meine Lösung ist auf keinen Fall die Lösung für jede Frau, aber macht Euch alle frei von dem Gedanken es gibt die pauschal richtige Lösung für alle Kinder, Mütter und Familien. Hier im Rheinland sagt man gern, "Jeder Jeck ist anders!" und das stimmt. Denn jede Mutter / Frau ist anders, für einige geht die "Karriere" nach den Kindern los, für die anderen ist sie damit zuende. Die eine ärgert sich über eine nicht vorhandene Karriere, die andere ist glücklich damit möglichst viel Zeit mit Ihren Kindern zu verbringen und will überhaupt nie wieder arbeiten...

Liebe Umwelt (ja damit sind auch alle lieben Arbeitskollegen gemeint, die es immer besser wissen) laßt uns Mütter doch unseren eigenen Weg gehen und wenn Euch das nicht passt wie wir Mütter uns um Kinder & Job kümmern, bekommt selber Kinder und macht es besser!

LG

Michaela